Es ist mir ein Bedürfnis:
Der moderne Einsatz von Herdenschutzhunden –
Herdenschutz auf Kosten der Seelen unserer Hunde?
Lange Zeit fand ich den Einsatz von Herdenschutzhunden als DAS Mittel den Wolf ohne Verluste an unseren Viehherden wieder in unserer Kulturlandschaft heimisch werden zu lassen.
Die Hunde schützen die Herden zuverlässig und weder Schaf und in der Regel noch Wolf noch Hund kommen dabei zu Schaden, weil die Hunde durch ihre bloße Anwesenheit und lautes Verbellen die Wölfe in der Mehrzahl der Fälle von vornherein beeindrucken und einen Angriff verhindern.
Und schließlich sind die Hunde doch dafür gezüchtet wurden und viele Generationen an der Herde gewesen?
Ja aber unter welchen Umständen?
Ursprünglich WANDERTEN die Hunde MIT dem Schäfer und den Herden FREI mit, das heißt sie hatten viel Abwechslung, Bewegung UND waren mit ihrem menschlichen Leithund zusammen. Sie waren in die Schafherde UND in das Hunde-Mensch-Rudel integriert und führten eines der artgerechtesten Hundeleben welches ein Hund in Menschenobhut führen kann.
Doch wie sieht es heute zum Beispiel hier in Deutschland aus?
Je nach Herdengröße werden zwei oder auch mehr Hunde zusammen in der Schafherde gehalten. Während ihrer Ausbildung wird der Kontakt zum Menschen auf ein Minimum reduziert, damit sie sich mehr an die Herde binden. Sie werden, wenn sie mehr als das Begrüßungsritual an Aufmerksamkeit wollen, konsequent zur Herde zurück geschickt - bis ja bis sie irgendwann verstanden haben (oder resigniert haben), dass der Mensch nicht mehr von ihnen will. So verbringen sie ihre Tage und Nächte weites gehend unter sich und den Schafen am gleichen Platz. Je nach Weidewechsel sind sie tage-oder wochenlang am gleichen Ort innerhalb der Elektronetze und verbringen ihre Tage mit dösen und dem Verbellen von Spaziergängern und die Nächte mit dem Verbellen von sämtlichen Raubwild, welches sich als potentieller Feind anbietet. Der Schäfer schaut zwar immer mal nach dem Rechten, aber die Hunde werden ähnlich wie die Schafe mit einem abschätzenden Blick auf Gesundheit bedacht, gefüttert und ansonsten nicht weiter beachtet.
Nicht das schlechteste Hundeleben im Vergleich zu anderen Wach-und Schutzhunden, aber ist das wirklich noch das artgerechte freie voll integrierte Leben im Rudel für das diese Hunde einst gezüchtet wurden?
Bestimmt nicht mehr.
Ist es erträglich für diese Hunde? Sind sie trotzdem glücklich?
Wer weiß das schon?
Vielleicht die Hunde die wirklich schon beim Schäfer in der Schafherde geboren wurden und von klein auf nur eingeschränkten Kontakt zum Menschen hatten, vielleicht sind die glücklich mit ihren Hunde-und Schafkumpels auf der Weide, wenn auch die langen Spaziergänge fehlen, die auch diese Rassen so brauchen.
Aber die Hunde, welche in der Familie der Menschen aufgewachsen sind? Die im Schlafzimmer ihres Züchters geboren wurden, und die ersten Wochen nur andere Hunde und Menschen als soziale Partner kannten? Für die Schafe zwar in Ordnung aber niemals das Rudel sind? Die die Nähe zum Menschen und deren Familien suchen, die eher Familienhunde als Herdenschutzhunde sind?
DIE werden glaube ich nicht völlig glücklich sein.
Ich habe es an unserer Gesna (Nani Julino) gesehen – die ersten 13 Wochen verbrachte sie mit ihrer Schwester Jewa (Nefra Julino) in ihrer Züchterfamilie, voll integriert in das dortige Familienleben mit Menschen und anderen Hunden.
Wir haben die beiden ursprünglich für den Einsatz an der Herde zu uns geholt, sie sind im Schafstall weiter aufgewachsen und sollten dann auch mit auf die Weide raus zu den Schafen.
Soweit ist es dann nie gekommen – Stück für Stück haben sie sich in unser Familienleben geschlichen und sind erst glücklich seitdem sie mit uns im Haus übernachten und tagsüber am Haus im Garten sind. Gesna hat Abend für Abend im Schafstall geweint, ich dachte immer weil sie nachts nicht drinnen sein wollte…aber nein nachts bei uns im Haus weinte sie genau ab der Nacht, die sie erstmals darin verbrachte nicht mehr – zufrieden, beim Züchter in der Familie geboren und nur dort zufrieden. Auch Jewa ist jetzt zufriedener, nur hat sie die Zeit im Schafstall ohne Klagen verbracht, einfach weil sie ein zurückhaltender nicht so impulsiver Charakter ist wie ihre Schwester. Sie hat es ertragen aber war nicht glücklich.
An was oder wen will ich damit appellieren?
Daran dass der Einsatz von Herdenschutzhunden überdacht werden sollte:
1. Gibt es Möglichkeiten den Kontakt mit dem Menschen zu erhöhen (z.B. tagsüber auf dem, Hof bei der Schäferfamilie)?
2. Gibt es Möglichkeiten den Alltag abwechslungsreicher zu gestalten (z.B. Spaziergänge auch für arbeitende Herdenschutzhunde)?
3. Kein Einsatz von in der Familie aufgezogenen Hunden als reine Herdenschutzhunde ohne ausreichend Kontakt zum Menschen.
4. Auf keinen Fall den Einsatz von Einzelhunden, auch nicht zum Schutz von Kleintieren (Hühnerhof etc.)
Insbesondere appelliere ich an unsere Klubzüchter (Klub für ungarische Hirtenhunde e.V.) ihre Hunde nur in Familien abzugeben und nicht das für diese Hunde einsame Leben auf einer Hühnerfarm oder ähnliches zu zulassen!
Vielleicht liege ich auch falsch, vielleicht entspricht das ein oder andere was ich geschrieben habe nur meiner Wahrheit, aber Grund zum Nachdenken sollte mein Text trotzdem sein.
Vielleicht vermenschliche ich zu sehr - aber sind Hunde nicht hochsoziale Wesen, die dem Menschen darin sooo ähnlich sind?
Deshalb bitte ihr Züchter und Schafhalter, denkt nach über den Einsatz von Herdenschutzhunden.
Für unsere Hunde, die uns so treu ergeben sind und die alle Hoffnung in uns setzen.
Caro und die Pyris aus dem Calfskreis